Viele Schulen stecken bildlich gesprochen noch in der „Kreidezeit“. Die Gymnasiallehrerin Anika Buche suchte die passenden technischen Tools, individualisierte den Unterricht und verzichtet seitdem auf die Tafel in ihrer Klasse.
Das von ihr gegründete soziale Initiative „Edu-sense“ umfasst sieben Bausteine und bezieht Lehrkräfte, Schüler*innen und Eltern mit ein. Die Module Vision und Haltung, Strategie, Struktur, Lernen, Ausstattung, Finanzierung und kontinuierliche Weiterbildung gliedern den Digitalisierungsweg der Schule. Mit „Edu-sense“ möchte sie anderen Schulen das erfolgreiche Konzept ihrer Schule vorstellen und Ansätze bereitstellen, um die eigene Schule zu digitalisieren. Unterstützt wird sie dabei unter anderem von Tech-Investor Frank Thelen. Die verschiedenen Bausteine werden im sogenannten „Playbook“ zusammengefasst und sollen eine Schule direkt an die Hand nehmen, wenn sie sich auf den Weg macht, um digitaler zu werden. Hierbei können die einzelnen Lösungen für die verschiedenen Problemfelder auf die eigenen Bedürfnisse, Anforderungen, Werte und Ziele der Schule angepasst werden.
Ziel dieses Ansatzes ist für die Lehrerin, dass ihre Schüler in einer 1-zu-1-Umgebung individuell mit moderner Technik und an lebensnahen Aufgaben lernen können. Sie setzt dabei in erster Linie auf Projektarbeit. Dies sieht in der Praxis beispielsweise so aus: Jede*r Schüler*in darf digital sein Traumzimmer einrichten und gestalten. Hierbei muss jedoch auf Türen, Fenster und Maße geachtet werden und im Idealfall auch noch auf die Rabatte im Möbelhaus. Somit werden ganz nebenbei Winkel-, Flächen- und Prozentberechnung geübt und parallel auch noch ein paar lebensnahe Grundkenntnisse vermittelt.
Darüber hinaus ermöglicht der Unterricht über digitale Tools, dass die Kinder in größerer Eigenverantwortung lernen. Während alle Schüler*innen sogenannte Abschlussaufgaben, die die Kernkompetenz des Lehrplans prüfen, bearbeiten müssen, stehen für Kinder, die etwas mehr Übung brauchen, noch weitere Aufgaben zur Verfügung. Kinder mit Stärken in diesem Bereich können sich in der Zwischenzeit mit zusätzlichen Themen auseinandersetzten, wie zum Beispiel erste Programmiererfahrungen mit Lego-Robotern sammeln.
Vorteil dieses vornehmlich digitalisierten Unterrichts ist es zudem, dass Schüler*innen auch im Krankheitsfall auf alle Materialien zugreifen können und nicht auf ihre Mitschüler angewiesen sind, um nicht den Anschluss zu verlieren.
Innerhalb der Schule wurde ein Mentoring-Programm aufgesetzt. Ein Trainerteam aus 20 Lehrkräften wurde über fünf Monate hinsichtlich der Lern- und Organisationsplattform geschult, Diese geben ihr Wissen in kleinen Workshops weiter und coachen nun ihre Kolleg*innen, die gerade erst mit der Digitalisierung ihres Unterrichts begonnen haben.
Die Albert-Schweizer-Schule in Hürth arbeitet dabei mit dem MNSproCloud und bildet dort Klassen, Kurse und Arbeitsgruppen ab. Besonders wichtig bei der Umsetzung sind ein gut funktionierendes Administratorenteam und eine Einbildung von Eltern und Schülern.
Ein großer Stolperstein ist besonders die Finanzierung. Auch Konzepte zur Finanzierung und Förderung werden gerade erarbeitet und sollen auch finanziell schwächeren Haushalten die Möglichkeit des Erwerbs von Endgeräten bieten. Neben Endgeräten ist die Anschaffung von Online- und Lizenzgebühren für digitale Schulbücher ein weiterer Kostenpunkt.
Nicht verwunderlich ist, dass das Albert-Schweitzer-Gymnasium während des Corona-Shutdowns kaum Probleme hatte den Unterricht digital weiterzuführen. Da Lern- und Organisationsplattform schon vorhanden waren, konnte der Unterricht sehr schnell ins Digitale verschoben werden. Die Corona-Pandemie hat die Digitalisierung des Gymnasiums weiter nach vorne gebracht.