Am 18.10.23 fand eine öffentliche Anhörung zum Thema „Modellprojekte Smart Cities“ im Ausschuss Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen des Deutschen Bundestages statt. Neben Alexander Handschuh vom DStGB, wurden verschiedene Sachverständige zu diesen Projekten befragt. In der Konsultation wurde unter anderem die Frage erörtert, ob und in welcher Form ein Kompetenzzentrum „Smart City“ eingerichtet werden soll.
Dr. Ariane Berger vom Deutschen Landkreistag betonte, dass die Potenziale der öffentlichen Digitalisierung nur mit einem flächendeckenden Angebot ausgeschöpft werden könnten. Bisher scheitert eine nachhaltige Nutzung jedoch an der fehlenden Standardisierung und Finanzierung. Sie schlussfolgerte, dass das derzeitige Design nicht kommunal anwendbar sei, es sollte den kommunalen Anforderungen angepasst werden.
Erstberatung für die Kommunen
Es folgte Alexander Handschuh vom DStGB, der auf die sehr kurzen Innovationszyklen hinwies, mit denen man es zu tun habe, und die Heterogenität zwischen den Kommunen betonte. Als Lösungsansatz schlug er die Einrichtung eines „Kompetenzzentrums Smart Cities and Smart Regions“ vor. Dieses solle eine Erstberatung der Kommunen zu digitalen Lösungen gewährleisten. Die vom Kompetenzzentrum entwickelten Lösungen sollten bedarfsorientiert, kombinierbar und skalierbar sein, aber gleichzeitig so offen, dass sie nicht „am Markt vorbei“ entwickelt werden.
Ergebnisse der Modellprojekte sichtbar machen
Steffen Heß vom Fraunhofer-Institut für Experimentelles Software-Engineering (IESE) betonte die Notwendigkeit, die Ergebnisse der Smart Cities Modellprojekte sichtbarer zu machen und die Koordination dieser Förderprojekte zu verbessern. Er schlug vor, die Projekte sowohl auf die Förderung von Best-Practice-Lösungen als auch auf die Fokussierung von Zukunftsthemen auszurichten, um echte Reallabore zu schaffen. In diesem Zusammenhang unterstützte er die Einführung eines Smart-City-Stufenplans, der auf klaren Inhalten basieren sollte, und betonte die Bedeutung eines agilen Kompetenzzentrums mit ausreichenden Ressourcen und einer möglichen kurativen Funktion unter Berücksichtigung bestehender Angebote. Schließlich betonte er, dass die "Stadt-Region" als interoperables System betrachtet werden sollte, das technische, menschliche und wirtschaftliche Aspekte umfasst.
Vernetzung und Nachnutzung mitdenken
Frauke Janßen vom Deutschen Städtetag kritisierte Reibungsverluste und Doppelarbeit bei Smart-City-Projekten, betonte die Notwendigkeit eines integrierten Förderansatzes und schlug vor, Maßnahmen themenbezogen statt ressort- oder förderprogrammbezogen zu beantragen. Sie betonte, dass Daten eine zentrale Rolle spielen und viele Städte Datenplattformen aufbauen, es aber an Transparenz und Koordination mangele. Janßen wünscht sich eine stärkere Steuerung durch den Bund, damit Städte mit vorhandener Infrastruktur diese auch für andere Kommunen mitnutzen können und betont die Bedeutung einheitlicher Standards, bei deren Umsetzung die Koordinierungs- und Transferstelle Modellvorhaben Smart Cities (KTS) unterstützen könne.
An vorhandene Infrastruktur
Matthias Kammer von "govdigital" sagte, dass die meiste Software in Zusammenarbeit mit lokalen Unternehmen entwickelt und getestet wird. Er betont die Notwendigkeit, bestehende Infrastrukturen für die spätere Nutzung solcher Software zu nutzen und stellt fest, dass viele kommunale Dienstleister noch nicht ausreichend eingebunden sind. Kammer schlugt vor, die regionale Entwicklung dieser Software zu fördern, um Produkte zu schaffen, die auch anderen Kommunen zur Verfügung gestellt werden können.
Wir haben keinen Smart-City-Führerschein
Prof. Dr.-Ing Jörg Noennig von der HafenCity Universität Hamburg stellte fest, dass es an einer Smart-City-Wissenschaft und einem grundlegenden Verständnis der digitalen Stadt und ihrer langfristigen Auswirkungen mangele, und betonte, dass trotz des vorhandenen Wissens in Modellprojekten die Generierung und Anwendung dieses Wissens Aufgabe der Wissenschaft und nicht der Kommunen sein sollte. Grundlagenforschung sei entscheidend, um die Funktionsweise digitaler Städte zu verstehen und dieses Wissen in die Praxis umzusetzen.
Massiver Mangel an Personal
Walter Palmetshofer von der Open Knowledge Foundation trat dafür ein die Bürger und Bürgerinnen mitzunehmen. Ein großes Problem sei derzeit der Mangel an Personal, welches die Städte voranbringen könnte.
Auf Skalierung kommt es an
Laut Michael Pfefferle vom Branchenverband Bitkom gibt es in Deutschland noch keinen Plan für flächendeckende Kommunendigitalisierung. Der Smart-City-Stufenplan der Bundesregierung wird als Chance betrachtet, sollte er auf Skalierung setzen, da viele Kommunen bisher von Förderprogrammen ausgeschlossen sind. Pfefferle betont, dass Open Source nicht automatisch zur Skalierung führt und die Wahlfreiheit der Kommunen bei Software-Lizenzen entscheidend ist, um den Stufenplan erfolgreich umzusetzen.
Plädoyer für Experimentier- und Lernfreude
Prof. Gesa Ziemer von den City Science Labs der HafenCity Universität Hamburg betont die Notwendigkeit einer experimentierfreudigen und lernbereiten Haltung der kommunalen Mitarbeiter. Sie fordert eine Anpassung der Vergütung, um wettbewerbsfähig zu sein, die Verbesserung der Geodateninfrastruktur und die Förderung der Transferorganisation, damit die Daten nach Ablauf der Förderung nicht ungenutzt bleiben. Die Arbeit am Stufenplan wird positiv bewertet.
Vorhandene Formate und Akteure stärken
Tilman Zimmermann-Werner von der Sächsischen Energieagentur - Saene GmbH erwähnt die bestehenden inhaltlichen Gemeinsamkeiten in Bereichen wie kommunale Wärmeplanung, erneuerbare Energien und nachhaltige Mobilität und verweist auf bewährte Kooperationen zwischen den Energieagenturen. Er empfiehlt, bestehende Formate und Akteure zu stärken, bevor neue Netzwerke gebildet werden. Zimmermann-Werner betont die Bedeutung von Akzeptanz, Vertrauen und Transparenz für Smart Cities und hebt die Erfahrungen der Energieagenturen bei der Umsetzung technischer Innovationen wie Windkraft und intelligente Verkehrssysteme hervor.